Der Wunsch, Routinen oder Fähigkeiten effektiv und nachhaltig in den Alltag zu integrieren, beschäftigt viele von uns. Ob es darum geht, regelmäßig Sport zu treiben, ein Instrument zu lernen oder eine neue Sprache zu beherrschen – die Frage bleibt: Wie oft oder wie lange muss ich etwas tun, um es zur Gewohnheit zu machen oder zu festigen?
In diesem Beitrag schauen wir uns an, was hinter der Idee steckt, dass es 21 Wiederholungen, 21 Tage oder sogar 90 Tage braucht, um eine Gewohnheit oder Fähigkeit zu etablieren. Außerdem klären wir, wie viele Wiederholungen es tatsächlich braucht, um aus einer Lernübung eine gefestigte Fähigkeit zu machen.
Die 21-Tage-Regel: Ursprung und Realität
Die 21-Tage-Regel geht auf den plastischen Chirurgen Maxwell Maltz zurück. Er stellte in seinem Buch Psycho-Cybernetics (1960) fest, dass es rund 21 Tage dauert, bis sich seine Patienten an körperliche Veränderungen gewöhnten. Diese Zahl wurde später auf Verhaltensänderungen übertragen und populär gemacht.
Die Realität ist jedoch differenzierter. Studien zeigen, dass die Zeitspanne, um eine neue Gewohnheit zu etablieren, stark variiert. Laut einer Studie des University College London dauert es durchschnittlich 66 Tage, bis eine Verhaltensweise automatisiert wird. Für komplexere Aufgaben kann es sogar bis zu 254 Tage dauern.
Bringt es etwas, eine Übung 21 Mal zu wiederholen?
Die Idee, dass 21 Wiederholungen reichen könnten, um eine Fähigkeit oder Routine zu festigen, ist zu einfach. Tatsächlich hängt es von mehreren Faktoren ab, wie schnell sich eine Übung von einer reinen Lernaufgabe zu einer automatisierten Fähigkeit entwickelt:
- Art der Aufgabe:
- Einfache Aufgaben (z. B. ein Glas Wasser trinken) benötigen weniger Wiederholungen als komplexe motorische Fähigkeiten (z. B. Klavierspielen oder Kampfsporttechniken).
- Motorische Fähigkeiten erfordern oft 100 bis 300 Wiederholungen, um sie korrekt auszuführen.
- Qualität der Wiederholungen:
- Nur bewusste und korrekte Wiederholungen führen zu langfristigem Erfolg. Fehlerhafte Ausführungen verlangsamen den Lernprozess.
- „Perfekte Übung macht den Meister“: Die Qualität ist wichtiger als die bloße Quantität.
- Konzentration und Kontext:
- Wenn du während der Wiederholungen abgelenkt bist oder die Bedingungen variieren, dauert es länger, bis die Fähigkeit automatisiert wird.
Von der Lernübung zur gefestigten Fähigkeit
Psychologen und Neurowissenschaftler stimmen darin überein, dass es eine Kombination aus Wiederholungen und Zeitbraucht, um aus einer Lernübung eine feste Fähigkeit zu machen. Hier einige Richtwerte:
- Motorisches Lernen:
- Neue Bewegungsmuster erfordern etwa 100 bis 300 Wiederholungen, um sie zu lernen.
- Um eine falsche Bewegung zu korrigieren, sind oft mehr als 3000 Wiederholungen notwendig.
- Automatisierung von Routinen:
- Laut der 66-Tage-Regel (Studie von Philippa Lally) braucht es rund zwei Monate täglicher Wiederholungen, um eine Routine zu etablieren.
- Dies gilt für einfache Handlungen wie das Aufstehen zur gleichen Zeit oder das regelmäßige Lesen.
- Langfristige Gewohnheiten:
- Um eine Gewohnheit wirklich zu verankern, empfehlen Experten, sich an der 90-Tage-Regel zu orientieren. Nach dieser Zeit ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Gewohnheit Teil deines Lebens wird.
Warum Wiederholungen allein nicht ausreichen
Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen Wiederholen und Lernen. Reine Wiederholungen reichen nicht aus, wenn sie ohne Bewusstsein oder Ziel erfolgen. Hier sind einige Tipps, um den Übergang von der Lernübung zur festen Fähigkeit zu beschleunigen:
- Feedback einholen:
- Bei komplexen Aufgaben (z. B. Sport oder Musik) solltest du regelmäßig Feedback von einem Coach oder Lehrer erhalten, um Fehler zu vermeiden.
- Kleine Schritte:
- Zerlege die Übung in kleinere Teile und perfektioniere jeden Schritt, bevor du zur nächsten Stufe übergehst.
- Variation:
- Wiederhole die Übung in verschiedenen Kontexten oder unter anderen Bedingungen, um Flexibilität und Anpassungsfähigkeit zu entwickeln.
- Reflexion:
- Nimm dir nach jeder Übungseinheit Zeit, um darüber nachzudenken, was gut lief und was verbessert werden kann.
Die Rolle von Konsistenz und Geduld
Letztlich hängt der Erfolg nicht nur von der Anzahl der Wiederholungen ab, sondern auch von der Regelmäßigkeit und deinem Engagement. Hier ist die Faustregel:
- Kurzfristige Ziele: Übe mindestens 21 Mal, um die ersten Schritte zu meistern und dich mit der Übung vertraut zu machen.
- Mittelfristige Ziele: Wiederhole die Übung 66 Tage lang täglich, um sie zu automatisieren.
- Langfristige Ziele: Halte die Übung für 90 Tage durch, um sie dauerhaft zu verankern.
Fazit
Wiederholungen sind wichtig, aber nicht alles. Ob 21 Wiederholungen, 66 Tage oder 90 Tage – das Geheimnis liegt in der Kombination aus Qualität, Konsistenz und Geduld. Beginne mit kleinen, erreichbaren Zielen und steigere dich Schritt für Schritt. Denke daran: Es ist nicht die Zahl der Wiederholungen, sondern die bewusste, korrekte und regelmäßige Praxis, die den Unterschied macht.
Was wirst du heute 21 Mal üben, um einen neuen Schritt zu machen?
Marc Baumann, Gründer Plan B Training