Lernen ist ein dynamischer Prozess, der stark von den Menschen, ihrer Motivation und ihren individuellen Erfahrungen abhängt. In der Ausbildung gibt es oft klar definierte Lernziele, die als Orientierung dienen sollen. Doch meine Erfahrung zeigt: Lernziele sind wichtig, aber ihre sture Umsetzung passt nicht immer zur Realität – insbesondere, weil jede Gruppe anders ist. Die Konstellationen, Hintergründe und Bedürfnisse der Teilnehmenden variieren von Kurs zu Kurs, und als Ausbilder ist es entscheidend, flexibel zu bleiben und sich anzupassen.
Der Weg ist das Ziel
Statt starr auf das Erreichen von Lernzielen hinzuarbeiten, habe ich für mich eine andere Maxime definiert: Der Weg ist das Ziel. Was bedeutet das konkret? Es geht darum, den Teilnehmenden Zeit zu geben, ihren eigenen Weg zu finden. Ich zeige ihnen die Richtung, gebe ihnen Werkzeuge und Freiraum, damit sie selbst tätig werden und ihre eigenen Erfahrungen machen können.
Dieser Ansatz ist nicht nur anpassungsfähiger, sondern auch nachhaltiger. Wenn Lernziele zu starr gesetzt werden, läuft man Gefahr, sich auf den „Abschlusstest“ zu konzentrieren – und darauf hinzutrainieren. Doch ein Test misst nur Wissen, nicht Erfahrung. In Notsituationen oder unter Stress ist es jedoch nicht das pure Wissen, das zählt, sondern die Fähigkeit, aus Erfahrung und Training heraus zu handeln. Diese Fähigkeit entsteht nicht durch Tests, sondern durch das tatsächliche Tun und Erleben im Training.
Die Reduktion auf das Wesentliche
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Fokussierung auf das, was wirklich relevant ist. Es ist Aufgabe des Ausbilders, Inhalte so zu reduzieren und zu brechen, dass sie in der Praxis auch tatsächlich zur Anwendung kommen. Zu oft werden in der Ausbildung komplexe Schemata oder umfangreiche Inhalte vermittelt, die zwar gut klingen und den Ausbildungsplan füllen, aber unter Stress keine Anwendung finden. Meine Erfahrung zeigt: Wenn Inhalte in der Praxis nicht umsetzbar sind, dann kann man sie genauso gut weglassen.
Stattdessen setze ich auf einfache, klar strukturierte Prinzipien und Übungen, die leicht zu merken und unter Druck abrufbar sind. Qualität vor Quantität – ein übersichtlicher, klarer Ansatz bereitet die Teilnehmenden besser auf reale Herausforderungen vor als überfrachtete Inhalte, die in der Stresssituation nicht mehr abrufbar sind.
Erfahrung als Schlüssel zum Erfolg
Meine Erfahrung als Ausbilder hat gezeigt: Wenn sich Teilnehmende auf den Weg des Lernens begeben und das richtige Lernumfeld vorfinden, erreichen sie die definierten Ziele oft besser und nachhaltiger. Dafür ist es entscheidend, ein Umfeld zu schaffen, in dem sie sich wohlfühlen, aber auch wissen, dass von ihnen Leistung erwartet wird.
Diese Lernmethodik geht nicht davon weg, Druck auszuüben. Ganz im Gegenteil: Druck gehört bewusst in das Training, denn wer in einer Notsituation überleben und handlungsfähig bleiben möchte, muss lernen, unter Druck zu agieren. Im geschützten Rahmen der Ausbildung kann das Trainieren unter Druck dabei helfen, diese Fähigkeiten zu entwickeln – ohne die Konsequenzen, die echte Notsituationen mit sich bringen.
Zusammenfassung
Lernziele sind wichtig, aber nicht alles. Der Weg ist das Ziel – das bedeutet, Teilnehmenden die Zeit und den Raum zu geben, ihre eigenen Erfahrungen zu machen. Es ist diese Fähigkeit, die in der Realität zählt, insbesondere in Stress- oder Notsituationen. Dabei ist es entscheidend, dass Ausbilder die Inhalte auf das Wesentliche reduzieren und praxisnah gestalten. Komplexe Systeme oder unnötig viele Inhalte führen nur dazu, dass sie im entscheidenden Moment nicht abgerufen werden können. Indem wir Freiräume schaffen, Verantwortung übertragen und auf Erfahrung setzen, bereiten wir die Teilnehmenden nicht nur auf Tests, sondern auf das Leben vor – und das macht den entscheidenden Unterschied.
Marc Baumann, Gründer Plan B Training