Was ist der Unterschied zwischen einem Schützen, der bis zu 300 Meter mit seinem Waffensystem trainiert und seine Haltepunkte kennt, und einem, der sich nur auf CQB fokussiert? Leben und Tod. Hallo, ich bin SSG Dakota, Schiessausbildner in Ft. Benning und trainiere Soldaten aus verschiedenen Einheiten für ihre Übersee- und Inlandseinsätze. Unsere Ausbildung basiert auf den Einsatzerfahrungen aus dem In- und Ausland und wird konstant angepasst, um unsere Soldaten bestmöglich auszubilden. In der heutigen Welt sind CQB Videos überall auf Social Media zu finden, jeder Schütze will das kürzeste Gewehr haben und so schnell wie möglich ein Gebäude zu “clearen”. Die Schiessausbildung findet oft im sterilen Schiesskeller statt, meist ohne Gear und wenn dann nur mit dem minimalistischen Gun Belt Setup. Die Distanzen, auf die geschossen wird, sind zwischen 0-15 Meter. Jedoch ist die Einsatzrealität anders, und die Soldaten zum Umdenken zu bringen ist schwierig. Die durchschnittliche Einsatzdistanz der Feuergefechte in Afghanistan betrug um die 250 Meter, im Irak um die knapp 60 Meter, und in Amerika um die 5-7 Meter (basierend auf Polizeistatistiken) und 30 Meter (basierend auf Daten der Grenzschutzmission). Auch weiss man, dass gewisse Feuerkämpfe im Afghanistan bei über 500 Meter lagen. Bei solchen Distanzen bringt CQB wenig, da man als Soldat auch ausserhalb der Komfortzone der Nahdistanz schnelle und effiziente Schüsse aufs Ziel bringen muss. Der Schütze muss mit kompletter Ausrüstung, was Plattenträger, Waffengurt, Rucksack und Helm beinhaltet, schiessen können. Und da setzt unser Training an.
Was heisst das für uns als Ausbildner? Der Soldat muss zuerst vertraut gemacht werden mit dem Waffensystem, was bei uns immer noch das M4A1 mit entweder ACOG, CCO (close combat optic) oder neuerdings dem SIG Tango 6T LPVO ist. Zuerst muss der Soldat das Gewehr mit Optik auf 25 Meter einschiessen, und danach eine Qualifikation mit 70% bestehen können. In der Qualifikation wird der Soldat in Kampfmontur unter Zeitdruck auf 40 Ziele zwischen 50-300m schiessen müssen, und auch zwischen liegend aufgelegter, stehender und kniender Schiessposition wechseln müssen. Erst danach wird der Schütze auf verschiedenen Schiessbahnen das Schiessen auf mittlere Distanz trainieren. Dieses Training hilft dem Soldaten die Haltepunkte zu erlernen und anzupassen. Auch in das Training läuft eine Zielerkennungs- und Distanzmessungsausbildung. Je besser der Soldat Distanzen schätzen kann, desto schneller weiss er, welchen Haltepunkt er gebrauchen muss, um effektiv sein Ziel bekämpfen zu können. Auch durch konstantes Training mit kompletter Ausrüstung wird dem Soldaten aufgezeigt, wie er seinen Plattenträger und Waffengurt optimieren muss, um effizient und schnell arbeiten zu können.
Diese Art von Ausbildung hat eine deutliche Steigerung der Kampfkraft des Soldaten, seiner Gruppe und Zuges gebracht. Die Soldaten können nun effektiver ein Ziel auf 200 oder mehr bekämpfen. Auch hat unsere Ausbildung zur Folge, dass Soldaten im privaten Training auch vermehrt auf längere Distanzen schiessen, und somit ihr Wissen und Können erhalten und erweitern. Leider können wir nur einen kleinen Teil der Streitkräfte bei uns am Stützpunkt trainieren, jedoch hoffen wir auf einen “Trickle-Down”-Effekt. Sobald die Soldaten bei uns die Ausbildung abgeschlossen haben und wieder zu ihren Stammeinheiten gehen, hoffen wir, dass sie dort ihr Wissen positiv in die Schiessausbildung einbringen können. Denn unser Ziel ist es, die Soldaten optimal für ihre Einsätze weltweit vorzubereiten und ihnen neue Trainingsmethoden zu geben, damit sie überleben.
Aus dem Englischen von SSG Dakota. SSG Dakota diente für 5 Jahre in der IL Army National Guard und war unter anderem in Afghanistan stationiert. Jetzt arbeitet er als Schiessinstruktor in Ft. Benning und trainiert Soldaten für ihre Auslandseinsätze.
Dies ist ein Gastbeitrag, DANKE an den Verfasser 🙂